FLEETING TERRITORIES. AN EXERCISE.
Alberner Hafen, Vienna
6. to 9.July 2017
Fleeting Territories_An Exercise is a field study project. In 2016 and 2017, in collaboration with the artists Sabine Bitter and Helmut Weber, exemplary social and territorial relationships were researched at two sites on the periphery of Vienna: Rothneusiedl in the district Favoriten and Albern Harbor in Simmering. In this context we defined territory as a cognitive process, while the fleeting was seen as a hypothesis. The guiding thoughts were: How can knowledge exchange transform into a collective space of experience? How can we expose the layers of the (in)visible regimes that participate in the production of a space? Where can alternative systems of relations be found?
Contemporary urban and spatial planning rhetoric and economic private interests can be identified in both Rothneusiedl and Albern. During group explorations these “calculated” places — as we referred to them over the course of the project— were the departure points for investigating the contradictions between the materiality and invisibility of interests as a narrative that reclaims space as a dynamic material comprised of micro-stories.
Whereas we worked with performative-interventionist means in Rothneusiedl in the framework of the Urbanize! festival and used marker points to invite visitors to discover the so-called “site of potential” around the noise protection hills of the recently completed Vienna South Freight Terminal and the former self-farming enterprise Haschahof, the exercise in Albern Harbor involved a four-day excursion during which we applied different methods of exploring and experiencing in order to map out the dominant interests and plans there.
A table in the former garden of the recently demolished Gasthaus zum Friedhof der Namenlosen, a traditional restaurant beside the Cemetery of the Nameless, served as the methodological starting and meeting point for discussions with experts and operators of the surrounding areas, Hafen Wien and the Danube-Auen National Park, about spatial concepts and their temporal aspects.
Perspectives for and the (de)regulation of natural habitats, land grabbing, real estate developments,the future of transportation and its infrastructure, affordable housing, and informal structures were subjects of debate. Until recently, Albern Harbor was an almost forgotten place with many historical traces, such as the National Socialists expansion plans for trade in the Danube regions. The terrain—which was an island called Sauhaufen before the regulation of the Danube in the nineteenth century and today is a prom- ising industrial development zone—was long a popular destination for recreational excursions.
These experiences and discussions informed a display in the exhibition at Kunstraum Niederösterreich, conceived by Sabine Bitter and Helmut Weber. The centerpiece is a kind of visual working sketch with coarsely rasterized black-and-white photographs and artifacts, which once again make use of the working table from Albern for continued discussions in the Kunstraum Niederoesterreich. This setting is simultaneously a tool to facilitate numerous possible interconnections and to present collecting, experiencing, or knowledge as an open system—and the territory as fleeting.
WITH:
Michael Hofstätter (PAUHOF Architekten), Katrin Hornek (artist), Peter Krobath (journalist, activist), Michael Kuhn, Josef Mühlbacher, Manfred Rosenberger, Martin Weixelbraun (Danube-Auen National Park ranger), Wolfgang Löhr (Hafen Wien technical manager), Rosmarie de Wit (urban climate researcher), RESANITA (artists), and others.
Basierend auf genannten Umbau- und Rückbauvorhaben sowie Abläufen an Infrastruktur und in Landschaft um den Hafen Albern sollen ausgehend vom Gelände des ehemaligen Gasthauses zum Friedhof der Namenlosen, das kürzlich abgerissen wurde Erkundigungen, exemplarische Aktionen und Sammlungen von gefundenen oder und angeschwemmten, flüchtigen Objekten und Gegenständen , sowie Gespräche zu den Transformationen und entdeckbaren Flüchtigkeiten in diesem Gelände durchgeführt werden.
Welche Mechanismen, Vorstellungen und Zeitlichkeiten liegen hinter den unterschiedlichen Visionen und (temporären) Maßnahmen zu Gestaltung oder Rückbau dieser Gegend an der Donau, einer Zone des Übergangs zwischen Stadt und Land, am Stadtrand von Wien?
Wie wird dieser Ort, dieses Territorium konstruiert oder dem Zufall überlassen? Ein kalkulierter „Sauhaufen“?
Wie stünde es um die vielleicht utopische Idee, die historische Insel Sauhaufen – derzeit in die Uferlandschaft verbaut - wieder künstlich rückzubauen, also wieder sichtlich zu einer Insel zu machen? Welche Narrative zu gestern und für morgen ließen sich dazu sammeln?
Niederwasser oder Hochwasser?
Hafentor und Landschaftsselbstgestaltung der Donau?
Luftraum Klima Wasserraum: welche Rolle spielt hier das Phänomen Klimawandel?
Das Gasthaus das war, und vielleicht wieder ist:
TEILNEHMER/INNEN UND IHRE THEMEN:
In Fortsetzung der Übung in Rothneusiedl könnte die Übung Hafen Albern in Kollaboration mit folgenden Teilnehmer/innen angedacht werden:
Christian Baumgartner, Nationalpark Donau-Auen: Bereichsleitung Natur und Wissenschaft Bedeutung von Uferrückbau und Flussbett für die Entwicklung des Naturraums an der Donau. Rolle der Donau im Selbstgestalten ihrer Landschaft.
Christian Buzek, Hafen Wien, Immobilien: Begehung der Hafenanlage mit Erläuterungen zu Geschichte und Zukunftsstrategien Hafen Albern. Baumaßnahmen am Transport-Hub. Hochwasserschutz, Hafentor und künstlich angelegte Dämme.
Rosmarie DeWit, Klimaforscherin ZAMG: Donauwetter. Zusammenhang und Auswirkungen des Klimawandels auf den Donauraum. Niederwasser und oder Hochwasser, heiß-kalt, Luftraum-Wasserraum.
Katrin Hornek, Künstlerin: Projekte im Donauraum. Ortsbezogenheit am Stadtrand, „Anthropozän“.
Klaus Schafler und Maren Richter: Begehung und Markierungen der ehemaligen und imaginierten Insel Sauhaufen.
_zum Rückbau vom Verbau zwischen Fakten und Fiktionen: die Insel Sauhaufen (und das ehemalige Gasthaus).
_zum Kreislauf vom Verschwinden, Verschieben und künstlichem Wiederherstellen.
_Koordination Sammeln und Schaukasten.
Sabine Bitter & Helmut Weber: ein Weiterdenken von Adolf Loos: Ein-Wand-Haus (Siedlerbewegung Wien) Erarbeitung eines Prototyps für 2017/2018.
PAUHOF (Michael Hofstätter) ein Tag zum Thema Stadtplanung und Wohnformen: anhand seines Projekts Lobau (unfinished housing, “Ankunftshäuser”).
PROGRAM:
Begehungen Hafengelände und der imaginierten Insel Sauhaufen.
Markierungen.
Sammeln von zufällig gefundenen oder und angeschwemmten, flüchtigen Objekten und Gegenständen im Gehen.
Schaukasten: für das im Gelände gemeinsam Gesammelte. Könnte Element des Tisches und in Folge Teil der Ausstellung im Kunstraum NÖ sein.
Statements Gäste und Roundtable
ZUM ORT:
Prolog Hafen Albern
GAST-HAUS
HAFEN-TOR
FLUSS-BETT
RÜCK-BAU
SAU-HAUFEN
Am südlichen Stadtrand von Wien, im Osten des Bezirkes Simmering, liegt dort am Donaukanal- und Donauufer, umgeben von Auwäldern und Feuchtwiesen, der Hafen Albern.
Das Hafengelände mit seinen weit sichtbaren großen Getreidespeichern und Krananlagen, absurderweise aber sehr selten bis gar nicht sichtbaren Schiffen, wird seitens des Betreibers Hafen Wien als Frachtzentrum und Transport-Hub, an dem hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte, Baustoffe und Stahlerzeugnisse umgeschlagen werden, laufend ausgebaut.
Aus diesem Grund gibt es hier derzeit mehrere Umbauvorhaben an der Infrastruktur sowie in der Landschaft zu Land und unter Wasser.
Das am Gelände stehende alte Gasthaus zum Friedhof der Namenlosen wurde kürzlich abgerissen. Ein geschichtsträchtiger Ausflugsort am Rande des gleichnamigen Friedhofs ist somit verschwunden. Der nun am selben Ort angehäufte Abrissbauschutt und weiteres Ausbaggermaterial aus der Umgebung sollen hier demnächst flachplaniert und versiegelt werden, um diese neue Fläche für Betriebsansiedlungen und als Lagerfläche für Spediteure und Container umzuwidmen und zu vermieten.
Historisch betrachtet war die Feuchtwiesen-Gegend in der Nähe des ehemaligen Gasthauses eine Insel die bis heute noch Sauhaufen genannt wird. Sie war vor der Donauregulierung im 19.Jahrhundert rundherum von Wasser umgeben, vom Hauptarm der Donau, einem kleinen Nebenarm und dem Fluss Schwechat, und erhielt wahrscheinlich wegen den damals dort lebenden Wildschweinen ihren Namen. Als Haufen oder Häufl bezeichnet man in diesem Zusammenhang vom Donaustrom abgelagerte Sand- und Schotterbänke, oder auch dadurch (temporär) angeschwemmte Inseln.
Simmering und speziell Albern gehören zu den am tiefsten liegenden Gegenden Wiens. Der ehemalige Wiener Vorort Albern wurde immer wieder von starken Hochwassern heimgesucht, erst die um 1875 abgeschlossene Donauregulierung verbesserte die Lage, das letzte Hochwasser gab es hier aber dennoch erst 2013. Bis zur Regulierung bestand die Donau aus einem System an Haupt-, Neben- und Altarmen - durch die Dynamik des Flusses führte das zu ständigen Um- und Neubildungen der Landschaft. Neue Flussläufe, Gewässer, Tümpel, Sandbänke und Inseln wurden gebildet, Altwasser versiegten, Waldflächen entstanden und verschwanden wieder.
Einerseits werden heute Uferrückbaumaßnahmen und Gewässervernetzung diskutiert und in diesem Sinne ansatzweise versucht, ein ähnliches Flusssystem wieder herzustellen und die Flusslandschaft wiederzubeleben. Andererseits gibt es aber auch ein weiteres Bauvorhaben seitens des Hafen Albern, die geplante Errichtung eines Hafentors als weiteren Schutz vor möglichen Überschwemmungen.
Der Ausbau der internationalen Binnenschifffahrt ist ein grundsätzliches Anliegen des Hafen Wien woran in Zusammenarbeit mit der viadonau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft - gearbeitet wird. Um diesen Ausbau zu forcieren, wird die Unterwasserlandschaft, also das Flussbett, die Gewässersohle, als Wasserstraße und Fahrrinne fortwährend durch Maßnahmen des Geschiebemanagements umgebaut. Geschiebe meint die von einem Fließgewässer auf seiner Gewässersohle, d.h. auf seinem Grund durch Strömung selbst weitertransportierten Materialien, größtenteils Kies. An sich ein natürlicher geologischer Kreislauf. Durch die stromaufwärts liegenden Staustufen sowie Flussregulierungen ist der stetige Abtransport von Kies an der Gewässersohle der Donau aber stark reduziert, was zu einer fortschreitenden Eintiefung der Donausohle und einer Absenkung des Donauwasserspiegels führt. Beeinträchtigungen der Donauauen und der Fahrrinne für die Schifffahrt folgen daraus. Aus diesem Grund wird an verschiedenen Stellen regelmäßig Kies aus dem Fluss gebaggert und an anderen Stellen Kilometer stromaufwärts wieder in das Wasser geschüttet, wodurch die Eintiefung der Donausohle gestoppt und auch die Fahrrinne für die Schifffahrt freigehalten werden soll - bis das Geschiebe nach ein paar Jahren wieder stromabwärts an der alten Ausbaggerstelle landet... und der Kreislauf beginnt von vorne…
Uferrenaturierung, Rückbau und kombiniertes Geschiebemanagement im Donauraum werden von unterschiedlicher Seite vermehrt gefordert und teilweise bereits umgesetzt, beispielsweise wurden durch Wiederanbindung von Altarmen an den Hauptstrom Gewässer wieder vernetzt. Der Fluss kann sich somit vermehrt seine Flusslandschaft wieder selbst gestalten, sich ökologisch stabilisieren, und einer weiteren Wasserspiegelabsenkung und Niederwasser entgegenwirken.
Potentielle Auswirkungen des Klimawandels auf die Donau bringen kurzfristig eher Positives für die Binnenschifffahrt, vor allem aufgrund verringerter Eisbildung in Wintermonaten. Mit Blickrichtung auf 2050 sind jedoch Verschlechterungen, insbesondere bezüglich Niederwasser, prognostiziert, für 2050 bis 2100 dann sogar große Gefahr für dauerhaftes Niederwasser mit potentiell verheerenden Folgen für den Naturraum und Lebensraum Donau sowie die Binnenschifffahrt.